Der in Graz geborene und in Wien als Anatomielehrer tätige Bildhauer Kurt Straznicky ist den Besuchern der Galerie Atrium ed Arte kein Unbekannter mehr. Kontinuierlich entwickelt er seine bemerkenswerten Kunstobjekte weiter.
In der Ausstellung „Spieglein“ zeigt er seine neuesten Arbeiten, Objekte aus Kunstharz, welches nach wie vor das bevorzugte Arbeitsmaterial des Künstlers ist. In einfachen und prägnanten Formen, wie Platten, Blöcken oder quaderförmigen Hohlkörpern, schweben grob gerasterte Fotos im Ungewissen.
Die Objekte Kurt Straznickys üben eine seltsame Magie aus. Vage erkennbare Gestalten oder Landschaften sind in den Harzkörpern zu sehen. Sie wirken wie in einer Tätigkeit oder einer Bewegung festgehalten oder eingefroren.
Gedanken an das Verrinnen der Zeit werden präsent, erinnern uns an Vergangenes, wie es ja dem verwendeten Medium Fotogafie genuin ist: Vorgänge, die wir wegen ihrer kurzen Dauer nicht bewusst wahrnehmen, werden sichtbar.
Gleichzeitig kann Fotografie nur einen winzigen Ausschnitt aus dem Fluss der Zeit festhalten, hat etwas Punktuelles an sich.
Einige Arbeiten präsentieren sich uns in der Form von niedrigen Tischen mit einer Platte, die von Beinen getragen wird. Die Schnittflächen dieser Füße sind blank poliert, sodass der Betrachter wie in ein Teleskop in sie hineinschauen kann. So wird auch bei einer Serie von kleinen Wandobjekten, die an optische Apparate oder Mikroskope erinnern, die voyeuristische Neugierde des Betrachters wachgerufen. In der Tiefe dieser Röhren sind, wie in kleinen Teichen oder Spiegeln, Portraits zu entdecken, falls dieser Blick in eine andere Welt gewagt wird. Weitere Werke bestehen aus zwei Platten, die parallel zur Wand voreinander montiert sind und so zwei Schichten eines Bildes darstellen, die miteinander kommunizieren: Eine von uns weggewandte Figur begegnet einer uns entgegenschauenden.
Im anderen Objekt sehen wir die Rückenansicht einer Gestalt, die auf eine Gebirgslandschaft in der hinteren Ebene zu wandert. Zwischen den zwei Kunstharzplatten, zwischen den beiden Konterfeis und zwischen dem Wanderer und der Landschaft scheint der Abstand unüberwindlich, der Weg zum Gegenüber schwierig und unwegsam - sei es zum Spiegelbild in der entfernteren Ebene des einen Objekts oder in die unwirtliche und zerklüftete Landschaft des anderen. Ein Gefühl von Isolation kommt auf, gleichzeitig sind die Akteure in Bewegung und in Veränderung begriffen.
Die Figur lässt an den Mönch am Meer von Caspar David Friedrich oder an Hamish Fultons Fotografie „Walking backwards for ten kilometers“ denken.
Der Betrachter wird durch die Vorgabe der Blickrichtung zum Beteiligten des Bildes, steht wie der Erzähler oder der Kommentator in und gleichzeitig außerhalb der Geschichte. Vielleicht besteht die Faszination von Straznickys Arbeiten darin, dass die im Bild und im Harz festgehaltenen Augenblicke ausgedehnt werden. In einem transparenten Körper erstarrt, wirken sie wie Edelsteine, die sich ihrer Vergänglichkeit entheben, ja sich buchstäblich in Richtung Ewigkeit herauskristallisieren.